Blitzlicht
Nadja Neumann

Ausbreitung hat nichts mit der Persönlichkeit zu tun

Sind Pioniere kühner, aktiver oder weniger gesellig als Individuen, die den angestammten Lebensraum nicht verlassen? Forschende des IGB und des Forschungsmuseums König untersuchten an Guppys den Zusammenhang zwischen Verhaltenstypen und Ausbreitungstendenzen – wichtig, um biologische Invasionen zu verstehen.

Eigentlich leben Guppys bei uns nur im Aquarium, aber ausgesetzte Exemplare überleben auch im künstlich erwärmten Gillbach. I Foto: Shutterstock, Peter Maerky

Guppys sind kleine tropische Fische. Sie gehören zu den am weitesten verbreiteten invasiven Arten weltweit. In gemäßigten Regionen können diese Fische nur in Fließgewässern überleben, die künstlich erwärmt werden. Wie der Gillbach in Nordrhein-Westfalen, der durch die Einleitung von warmem Wasser aus einem Kraftwerk an der Einlaufstelle auf über 25 Grad aufgeheizt wird. In dem – auch „Guppybach“ genannten – Gewässer untersucht das Team um Dr. David Bierbach bereits seit einigen Jahren Verhalten und Ausbreitung dieser Fische.

Robofisch um Kontaktfreudigkeit zu erforschen

Im Winter sind die Gillbach-Guppys auf den Warmwassereinstrom beschränkt, in den warmen Monaten vergrößern einige Tiere jedoch ihren Bewegungsradius. Die Forschenden verglichen Kühnheit, Geselligkeit und Aktivität der standorttreuen und der erkundungsfreudigen Individuen miteinander. Um die Kontaktfreudigkeit zu erforschen, nutzte das Team einen Roboterfisch. In einem anderen Versuch hatte das Team um David Bierbach bereits zeigen können, dass kontaktfreudigere Tiere näher bei ihrem Roboter-Artgenossen bleiben.

Die Forschenden konnten für alle drei Verhaltensweisen zeigen, dass sich die einzelnen Guppys konsistent in wiederholten Messungen unterschieden – man spricht von „Tierpersönlichkeit“. Interessanterweise gab es einen Zusammenhang zwischen den beiden Persönlichkeitsmerkmalen Kühnheit und Aktivität – mutige Fische bewegten sich auch mehr. Die gefundenen Persönlichkeitsmuster unterschieden sich allerdings nicht zwischen den Tieren nahe der Warmwassereinspeisung und der weiter flussabwärts gelegenen Untersuchungstelle. Eine Ausbreitung geschieht im Gillbach also zufällig und hat nichts mit den hier untersuchten Persönlichkeitsmerkmalen der Individuen zu tun.

„Angesichts sich ändernder Umweltbedingungen scheinen Guppys äußerst erfolgreich darin zu sein, ihre Verhaltensmuster konstant zu halten, was ihre effektive Invasion und Anpassung an verschiedenste Lebensräume erklären könnte“, resümiert Juliane Lukas, Doktorandin am IGB und Erstautorin der Studie.

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Ansprechpersonen

David Bierbach

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Forschungsgruppe
Schwarmverhalten
Verhaltensbiologie

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