Gleich zu Beginn des Treffens stellte Staatssekretär Dr. Michael Meister die zwei wichtigsten Fragen: Wie kommt der Phosphor in den See und welche technischen Lösungen stehen für das Problem zur Verfügung? Prof. Dr. Mark Gessner vom IGB, der selbst seit zehn Jahren am See forscht, erläuterte die aktuellen Daten und gab eine Einschätzung zu den verschiedenen Handlungsoptionen. Dabei lenkte er die Aufmerksamkeit auf das zentrale Problem: Die hohen Phosphorkonzentrationen fördern das Wachstum der Algen im See. Diese schränken die Sichttiefe ein, führen nach dem Absinken in die Tiefe aber auch zu einer Anreicherung von Kohlenstoff und Phosphor im Sediment. Bauen dann Mikroorganismen diese Biomasse ab, wird Phosphor freigesetzt und Sauerstoff verbraucht. Dieser Sauerstoffschwund hat wiederum zur Folge, dass noch mehr Phosphor freigesetzt wird – ein Teufelskreis, den es zu unterbrechen gilt. Denn wenn der Sauerstoff im Tiefenwasser des Sees vollständig aufgezehrt ist, geht der Lebensraum für Fische und andere Lebewesen verloren.
Der Fontane-Maräne geht zunehmend die Luft aus
Besonders gefährdet ist die nur im Stechlinsee vorkommende Fontane-Maräne (Coregonus fontanae). Das IGB hatte bereits im vergangenen Jahr vehement auf diese Problematik hingewiesen, als zu befürchten war, dass sich die sauerstofffreien Zonen im tiefen und kühlen Wasser des Stechlins so stark ausweiten, dass der Lebensraum für diese Fischart gänzlich verschwindet. Durch die Witterungsbedingungen in den Frühjahren 2020 und 2021 hat sich die Lage vorläufig nicht weiter verschärft. Trotzdem raten die Wissenschaftler*innen vor Ort zur Vorsicht. Ihre Empfehlung: Eine Tiefenwasserbelüftung vorzubereiten, um im Bedarfsfall schnell und gezielt eingreifen zu können, wohlwissend, dass es sich dabei nur um Symptombekämpfung handelt.
Eine Phosphorfällung könnte dem See langfristig helfen
Das zentrale Problem bleibt der Phosphor. Nach der aktuellen Einschätzung der IGB-Forschenden ist deshalb eine Phosphorfällung die Methode der Wahl, um die hohen Konzentrationen im See zu senken. Diese technische Lösung ist grundsätzlich erprobt, doch ihre Anwendung ist bei Seen, die so tief und so groß sind wie der Stechlin, komplex. Und sie stellt einen Eingriff in den See dar. Nutzen, Erfolgswahrscheinlichkeit und Risiken müssen deshalb sehr sorgfältig geprüft und abgewogen werden. Der nächste Schritt soll deshalb eine Machbarkeitsstudie sein, die durch die vom MLUK eigens einberufene Arbeitsgruppe Stechlinsee vorbereitet wird. Neben generellen technischen und finanziellen Belangen muss nun geklärt werden, welche Fällmittel geeignet sind, welche ausgeschlossen werden sollten, ob die Fällung im See oder außerhalb erfolgen kann und welche flankierenden Maßnahmen sinnvoll sind.
Parallel soll die Ursachensuche vorangetrieben werden, denn noch ist unklar, was die Prozesse im See ursprünglich ausgelöst hat. Der Klimawandel könnte ebenso eine Rolle spielen wie die Folgen des 1990 eingestellten Kernkraftwerkbetriebs in Rheinsberg oder der Rückgang von Wasserpflanzen, der auch in anderen Seen beobachtet wird.
IGB berät Politik und Gesellschaft
Die im Raum stehenden Forschungsfragen rechtfertigen jedoch keinen Aufschub, den See zu restaurieren. So bleibt es eine gesellschaftliche und umweltethische Frage, auf welche Maßnahmen sich Politik, Behörden und Zivilgesellschaft einigen. Das IGB unterstützt diesen Prozess, ist aber selbst kein umweltpolitischer Akteur – auch das wurde beim Termin erneut deutlich. Es berät Politik, Behörden, Wirtschaft und Zivilgesellschaft objektiv auf Basis der eigenen wissenschaftlichen Ergebnisse und Daten sowie dem aktuellen Stand der Forschung. Gutachterliche Arbeiten oder eine Führungsrolle bei der Planung und Durchführung von Machbarkeitsstudien oder Restaurierungsmaßnahmen gehören nicht zu den Kernaufgaben des Instituts.