HaffStör

Untersuchung der Lebensraumnutzung von Baltischen Stören im Stettiner Haff und der Unteren Oder und Bestimmung von Einflussfaktoren auf deren Überleben bei der Abwanderung
Besatz von markierten Baltischen Stören

Besatz von markierten Baltischen Stören ©Jacobia Dahm

Heute gehören die Störe laut Weltnaturschutzunion (IUCN) zu der weltweit am stärksten vom Aussterben bedrohten Tiergruppe. In Deutschland gelten sie als verschollen oder ausgestorben. Seit 1994 arbeitet eine Reihe von Institutionen daran die Tiere in ihre angestammten Lebensräume zurück zu bringen. Auch das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin beteiligt sich seit 30 Jahren an den Projekten.

Bereits seit 2007 werden im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojekts jährlich Jungfische des seltenen Baltischen Störs in die Oder ausgewildert. Von dort wandern die Tiere in die Ostsee ab und kehren erst viele Jahre später zurück, um sich im Fluss fortzupflanzen. Doch wie viele der jungen Störe überstehen diese Wanderung und welchen Gefahren sind sie auf ihrem Weg ausgesetzt?

Das Projekt

Das Projekt mit dem Titel "HaffStör", das am 1.Mai 2024 gestartet ist, wird von einer Forschungsgruppe des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei durchgeführt und vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) mit Mitteln des Bundesumweltministeriums (BMUV) für die nächsten drei Jahren gefördert. In enger Zusammenarbeit mit der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei MV (LFA), der Technischen Universität Westpommern, der lokalen Fischerei und des polnischen Anglerverbands PZW Szczecin sowie deutscher und polnischer Umweltverbände, wird das Ziel der Wiederansiedlung der Störe in den Einzugsgebieten von Nord- und Ostsee intensiv verfolgt.

Ziel des „HaffStör“ Projekts des IGB’s ist es die Lebensraumnutzung von Baltischen Stören im Haff und der Unteren Oder zu untersuchen und die Einflussfaktoren auf deren Überleben bei der Abwanderung zu bestimmen. Grundlage der Arbeiten im Projekt ist die Auswilderung von Jungfischen des Baltischen Störs, um den Bestand zu fördern. Zusätzlich soll die Wiederansiedlungsbemühungen der Störe mit einer soliden Datenbasis auf Basis eines zielgerichteten Monitorings des Bestandes unterstützt werden. Im Rahmen der Untersuchungen werden die Wanderungen der Störe, ihre Lebensraumnutzung und die Überlebensraten mittels telemetrischer Untersuchungen bestimmt werden. Diese sollen auf Basis des Wissens lokaler Fischer auf Basis von Fangmeldungen und Informationen zum Wachstum der Tiere, ergänzt werden.

Viele der kleinen Störe überleben die Wanderung in die Ostsee scheinbar nicht

Niedrige Melderaten ausgewilderter Störe in den Gewässern der Pommerschen Bucht und in der westlichen Ostsee deuten darauf hin, dass viele Tiere die Durchwanderung der inneren Küstengewässer im Odermündungsgebiet nicht überleben. Nach umfangreichen Besatzmaßnahmen in der Oder bleiben die von Fischern gemeldeten Beifänge in den Küstengewässern auf einem sehr niedrigen Niveau. Eine „Meldemüdigkeit“ der marinen Fischerei scheidet als Grund für die niedrigen Zahlen jedoch aus, denn nach Besatzmaßnahmen in Küstennähe ist ein starker Anstieg bei der Meldehäufigkeit von Fängen markierter Störe zu verzeichnen.  Auch Fangmeldungen aus den Gewässern im Unteren Odertal standen bislang in einem proportionalen Verhältnis zu der Anzahl der besetzten Fische. Die geringe Meldefrequenz in den Küstengewässern legt daher eine hohe Sterblichkeit der besetzten Tiere in den Bereichen Dąbie See, Hafen Stettin und Stettiner Haff nahe. Dieser könnte einer Vielzahl von Einflussfaktoren zu Grunde liegen.

Deren Ursachen klar zu identifizieren ist wichtig, um die Maßnahmen zum Schutz der Tiere zielgerichtet ergreifen zu können. Hier setzt das neue Projekt HaffStör an:  Es sollen fachliche Grundlagen für ein adaptives Management sowohl bei der Besatzplanung als auch bei der Gewässerbewirtschaftung geschafft werden.

Die Populationsentwicklung besser verfolgen und das Management anpassen

Im Rahmen der Untersuchungen werden die Wanderungen der Störe, ihre Aufenthaltswahrscheinlichkeiten und Überlebensraten mittels telemetrischer Untersuchungen bestimmt. In begleitenden Untersuchungen

erhoffen sich die Forschenden konkrete Daten zum räumlichen und zeitlichen Einsatz der Fischereitechniken in der Region. Aus diesen Datensätzen und Fangmeldungen sollen die Migrationswege ermittelt, und ein besseres Verständnis der Einflussfaktoren, wie der Rolle von gewässerbaulichen Maßnahmen, der Fischerei und z.B. des Fraßdrucks auf den Rückgang der Störe erarbeitet werden.

Die Etablierung eines mit polnischen Partnern abgestimmten Monitorings der Populationsentwicklung ist ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der Datengrundlage für ein adaptives Management, wie es im Aktionsplan der HELCOM gefordert wird. Dabei ist auch die Kenntnis um Einflussfaktoren auf das Überleben der Tiere von Bedeutung, um gezielte Maßnahmen zu deren Minderung entwickeln zu können.

Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund neuer Bedrohungen für die Fischbestände der Oder, wie zum Beispiel der Blüte der toxischen Brackwasseralge Prymnesium parvum, dem Verlust von Lebensräumen durch den Ausbau der Oder sowie dem Bau neuer Stauhaltungen und Wasserkraftanlagen, dringend notwendig. Nur durch ein angepasstes Management lässt sich die Resilienz, also die natürliche Widerstandskraft des Flusssystems und seiner Lebewesen erhöhen.

Wiederansiedlungsbemühungen werden fortgesetzt

Grundlage der Arbeiten im Projekt ist die Auswilderung von Jungfischen des Baltischen Störs, um den Bestandsaufbau weiter zu stützen. Dazu werden die Jungfische, sobald sie eigenständig fressen können, in einem Containersystem mit Oderwasser aufgezogen. Durch diese Aufzucht im unmittelbaren Einzugsgebiet wird eine hohe Anpassung an und eine Prägung auf das Heimatgewässer erreicht, was zu einer deutlichen Verbesserung der Fitness der Besatztiere führt. Im Rahmen des Vorhabens sollen so jährlich ca. 25.000 Jungfische in die Oder entlassen werden.

Steckbrief

Laufzeit

01.05.2024
31.12.2026
Abteilung(en)
(Abt. 4) Biologie der Fische, Fischerei und Aquakultur
Programmbereiche
Aquatische Biodiversität im Anthropozän
Projektteam am IGB
Projektleiter
Themenbereiche
Finanzierung

Nationales Artenhilfsprogramm des BfN mit Mitteln des BMUV

Projektpartner

Institut für Fischerei der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern (LFA)

Universität Stettin

Lokale Fischerei 

Polnischer Anglerverband in Westpommern 

Deutsche und polnische Umweltverbände

Ansprechpersonen

Jörn Gessner

Forschungsgruppenleiter*in
Forschungsgruppe
Wiedereinbürgerung atlantischer Störe in Deutschland

Jessica Bathe-Peters

Projektkoordinator*in
Forschungsgruppe
Wiedereinbürgerung atlantischer Störe in Deutschland