Pressemitteilung
Nadja Neumann

Gewässer setzen Methan frei – auch wenn sie austrocknen

Gewässer sind unterschätzte Quellen von Klimagasen. Nun haben Forschende unter Beteiligung des IGB gezeigt, dass auch trockener Gewässerboden erhebliche Mengen Methan freisetzen kann. Ein Überblick über die Ursachen und Größenordnungen von Methanemissionen aus Gewässern und ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung im Klimawandel verdeutlichen: Saubere Gewässer und mehr Moor, bitte!

Gewässer werden im Klimawandel zunehmend Treibhausgase freisetzen. | Foto: Pexels von Pixabay

Methan entsteht, wenn organisches Material in Abwesenheit von Sauerstoff zersetzt wird. Es kann beim Abbau, von Kohle, Erdöl oder Erdgas freigesetzt werden, wird in Kuhmägen gebildet – aber auch in Binnengewässern und Ozeanen.

Methan entsteht auf verschiedene Arten in Gewässern

„Unter den Gewässertypen, die Treibhausgase freisetzen, sind Stauseen und Seen Hauptemittenten“, erläutert IGB-Forscher Professor Hans-Peter Grossart. „Das liegt daran, dass organisches Material von abgestorbenen Pflanzen und Tieren dort in stärkerem Maße als in fließenden Gewässern auf den sauerstoffarmen Gewässergrund absinkt. Dieser Prozesse wird durch höhere Temperaturen verstärkt. In kleinen Gasbläschen steigt das Methan dann vom Grund bis an die Wasseroberfläche und gelangt so in die Atmosphäre“.

Lange gingen Forschende davon aus, dass Methan in Binnengewässern eben nur dort gebildet wird, wo kein Sauerstoff vorhanden ist. „Jüngste Studien zeigen, dass dieses Treibhausgas auch in der sauerstoffreichen Wassersäule entsteht: Verschiedene Phytoplankton-Arten – Cyanobakterien, Kieselalgen und Haptophyten – emittieren Methan während ihrer Photosynthese,“ sagt IGB-Forscherin Dr. Mina Bizic, die das Wissen über die Methanbildung durch Phytoplankton in einem wissenschaftlichen Artikel zusammengetragen hat. 

Methan entsteht auch auf trockenfallenden Flächen

Und selbst dort entsteht Methan, wo gar kein Wasser mehr ist: Trockenfallende Gewässer sind als Quelle für Klimagase wie Kohlendioxid bekannt. Allerdings wusste man bisher wenig, ob und wie viel über die Freisetzung von Methan aus diesen Flächen freisetzen. Ein Forschungsteam unter Leitung der niederländischen Radboud University hat die globalen Methanemissionen für trockenfallende Flächen von Seen, Teichen, Stauseen und Flüssen in verschiedenen Klimazonen abgeschätzt. Außerdem bestimmten die Forschenden die Umweltfaktoren, welche diese Emissionen steuern.

Hans-Peter Grossart war an der Studie beteiligt: „Die Methanemissionen aus trockenen Binnengewässern waren in allen Klimazonen und in allen aquatischen Systemen mit Ausnahme von Bächen durchweg höher als die Emissionen, die in den angrenzenden Böden in Hanglage gemessen wurden“. Weltweit emittieren trockene Binnengewässer laut den Hochrechnungen 2,7 Millionen Tonnen Methan pro Jahr.

Der Gewässertyp an sich und die Klimazone hatten keinen Einfluss auf die Menge an freigesetztem Methan. Der Gehalt an organischer Substanz im Gewässerboden in Wechselwirkung mit der lokalen Temperatur und die Feuchtigkeit waren die maßgeblichen Einflussfaktoren. Besonders viel Methan entsteht vor allem zu Beginn der Austrocknung und im Laufe des sogenannten First-Flush – also dem Moment, wenn auf die die trockengefallene Fläche wieder Wasser trifft, durch einen Starkregen zum Beispiel.

Mehr Methanfreisetzung durch die Folgen des Klimawandels

Prozesse im Klimawandel könnten die Emission von Methan weiter antreiben. Zum einen werden Gewässer wärmer. Außerdem sinkt in Seen weltweit der Sauerstoffgehalt. Hans-Peter Grossart war an einer Nature-Studie beteiligt, die den Sauerstoffschwund für 400 Seen verschiedener Klimazonen quantifiziert hat: Im Durchschnitt sank der Sauerstoffgehalt der untersuchten Gewässer in den letzten 40 Jahren um 5,5 Prozent an der Oberfläche und um 18,6 Prozent in der Tiefenzone.

„Auch Phytoplankton wird in Zukunft mehr Methan emittieren, einfach weil mehr davon in Gewässern vorhanden sein wird“, prognostiziert Mina Bizic. Denn zunehmende Nährstofflasten und Erwärmung von Gewässern gelten als Hauptursachen für die jüngsten Zunahmen von Phytoplanktonblüten. Darüber hinaus kann die Phytoplanktonblüte das Auftreten von sauerstofffreien, sogenannten toten Zonen, verstärken. Das wiederum kurbelt die klassische Methanbildung unter Sauerstoffarmut an.

„Die Methanfreisetzungen aus ausgetrockneten Gewässerabschnitten werden durch häufigere extreme Wetterereignisse – Austrocknung und Starkregen – ebenfalls zunehmen, denn genau während dieser Wechsel werden besonders viele Treibhausgase emittiert“, ergänzt Hans-Peter Grossart.

Was kann man tun? Saubere Gewässer und mehr Moore, bitte!

Um die Methanbildungen aus Gewässern trotz des Klimawandels in Schach zu halten, helfen Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässerqualität. „Wenn weniger Nährstoffe in Gewässer eingetragen werden, wird auch weniger organisches Material gebildet. Außerdem entsteht weniger Phytoplankton“, so Mina Bizic.

Auch Maßnahmen, die das Wasser in der Landschaft halten und das Grundwasser stabilisieren sind hilfreich, denn viele Seen speisen sich durch das Grundwasser. Austrocknende Gewässer haben also oft nicht nur mit einer erhöhten Verdunstung, sondern auch mit sinkenden Grundwasserständen zu tun. Die Schaffung von Feuchtgebieten und Mooren sorgt dafür, dass mehr Wasser in der Landschaft gespeichert wird und dadurch Wasserdefizite aber auch Wasserüberschuss ausgeglichen werden. Moore haben noch einen weiteren Vorteil: „Ein ökologisch intaktes Moor fungiert als langfristige Senke für Kohlenstoff. Trocknet es aus, werden hingegen verstärkt Treibhausgase freigesetzt. Ein trockengelegtes Moor setzt im Jahr durchschnittlich  15 Tonnen CO2 pro Hektar frei. In einem naturnahen Moor entsteht durchaus Methan. Die Methanfreisetzung aus einem entwässerten Mooren fällt in der Regel jedoch höher aus – auch durch die hohe Methanfreisetzung aus den zahlreichen Entwässerungsgräben. Moorschutz ist also immer auch Klimaschutz“, erläutert Dr. Dominik Zak, Gastwissenschaftler am IGB und Moorforscher an der Universität Aarhus in Dänemark.

Selected publications
März 2022

Cross-continental importance of CH4 emissions from dry inland-waters

José R. Paranaíba; Ralf Aben; Nathan Barros; Gabrielle Quadra; Annika Linkhorst; André M. Amado; Soren Brothers; Núria Catalán; Jason Condon; Colin M. Finlayson; Hans-Peter Grossart; Julia Howitt; Ernandes S. Oliveira Junior; Philipp S. Keller; Matthias Koschorreck; Alo Laaso; Catherine Leigh; Rafael Marcé; Raquel Mendonça; Claumir C. Muniz; Biel Obrador; Gabriela Onandia; Diego Raymundo; Florian Reverey; Fábio Roland; Eva-Ingrid Rõõmo; Sebastian Sobek; Daniel von Schiller; Haijun Wang; Sarian Kosten
Science of the Total Environment. - 814(2022), Art. 151925
Umweltwandel
Januar 2022

Widespread deoxygenation of temperate lakes

Stephen F. Jane; Gretchen J.A. Hansen; Benjamin M. Kraemer; Peter R. Leavitt; Joshua L. Mincer; Rebecca L. North; Rachel M. Pilla; Jonathan T. Stetler; Craig E. Williamson; R. Iestyn Woolway; Lauri Arvola; Sudeep Chandra; Curtis L. DeGasperi; Laura Diemer; Julita Dunalska; Oxana Erina; Giovanna Flaim; Hans-Peter Grossart; K. David Hambright; Catherine Hein; Josef Hejzlar; Lorraine L. Janus; Jean-Philippe Jenny; John R. Jones; Lesley B. Knoll; Barbara Leoni; Eleanor Mackay; Shin-Ichiro S. Matsuzaki; Chris McBride; Dörthe C. Müller-Navarra; Andrew M. Paterson; Don Pierson; Michela Rogora; James A. Rusak; Steven Sadro; Emilie Saulnier-Talbot; Martin Schmid; Ruben Sommaruga; Wim Thiery; Piet Verburg; Kathleen C. Weathers; Gesa A. Weyhenmeyer; Kiyoko Yokota; Kevin C. Rose
Nature. - 594(2021), 66–70
Umweltwandel
Oktober 2021

Rewetting does not return drained fen peatlands to their old selves

J. Kreyling; F. Tanneberger; F. Jansen; S. van der Linden; C. Aggenbach; V. Blüml, J. Couwenberg; W-J Emsens; H. Joosten; A. Klimkowska; W. Kotowski; L. Kozub; B. Lennartz; Y. Liczner; H. Liu; D. Michaelis; C. Oehmke; K. Parakenings; E. Pleyl; A. Poyda; S. Raabe; M. Röhl; K. Rücker; A. Schneider; J. Schrautzer; C. Schröder; F. Schug; E. Seeber; F. Thiel; S. Thiele; B. Tiemeyer; T. Timmermann; T. Urich; R. van Diggelen; K. Vegelin; E. Verbruggen; M. Wilmking; N. Wrage-Mönnig; L. WoĊ‚ejko; D. Zak; G. Jurasinski
Nature Communications. - 12(2021), Art. 5693
Nutzung und Management
Ansprechpersonen

Mina Bizic

Eigene Stelle (DFG)
Forschungsgruppe
Aquatische mikrobielle Ökologie