Der Nil bei Khartum im Sudan. | Foto: shutterstock_281823527
Das IGB-Forschungsteam Samah Makawi und Prof. Michael Monaghan untersuchte das Zooplankton im Blauen und im Weißen Nil in der Nähe der sudanesischen Stadt Khartum, und zwar von Dezember 2017 bis April 2018 sowie von Oktober 2019 bis März 2020. Beide Zeiträume lagen in der Bauzeit des Grand Ethiopian Renaissance Dams (GERD). Das größte Wasserkraftwerk Afrikas liegt im Blauen Nil und wurde kürzlich im September 2025 eingeweiht.
„Dieser Damm ist ein großer Fortschritt für die Energieerzeugung in der Region. Allerdings wird er voraussichtlich erhebliche Auswirkungen auf das Ökosystem des Flusses haben", erklärt Samah Makawi. Die gebürtige Sudanesin lehrt an der Universität von Khartum.
Natürliche Schwankungen des Wasserstands und des Nährstoffangebots schaffen Artenvielfalt
Der Weiße und der Blaue Nil vereinigen sich nahe Khartum zum Hauptstrom. Wie die Studie zeigt, weist der Blaue Nil eine deutlich höhere Diversität und zeitliche Variabilität der Zooplankton-Gemeinschaften auf als der Weiße Nil. Letzterer beherbergt nur etwa die Hälfte der Arten, die im Blauen Nil vorkommen.
Das Forschungsteam führt dies auf die stärkeren natürlichen Schwankungen im Wasserfluss und im Nährstoffangebot des Blauen Nils zurück. Die Wasser- und Nährstoffflüsse im Weißen Nil haben sich dagegen bereits seit mehreren Jahrzehnten durch Staudämme erheblich verändert.
Staudämme beeinträchtigen nicht nur große Fische und Säugetiere sondern auch ganz kleine Lebewesen
„Der Wasserstand des Nils schwankt naturgemäß stark. Die Lebensgemeinschaften haben sich an die Schwankungen des Wasserflusses, der Sedimentfracht und der Nährstoffe angepasst. Während Wanderfische oft im Mittelpunkt der Auswirkungen von Staudämmen stehen, betrifft der Bau eines Staudamms sogar die kleinsten Organismen, die eine wichtige Rolle für die Wasserqualität und das Nahrungsnetz spielen. Dies konnten wir in unserer Studie für den Weißen Nil nachweisen. Ähnliche Effekte erwarten wir durch den Bau des GERD nun auch im Blauen Nil“, betont Samah Makawi.
Ein Monitoring des Blauen Nils nach dem Bau des Staudamms ist daher wichtig
Weil viele Zooplankton-Arten extrem klein sind und sich im Wasser nur schwer erfassen lassen, stoßen herkömmliche Methoden zur Biodiversitätsüberwachung schnell an ihre Grenzen. Die Studie verdeutlicht daher auch, wie wertvoll moderne eDNA-Methoden sind: Durch den Nachweis von Erbgutspuren im Wasser können Forschende die Artenvielfalt viel umfassender und schneller bestimmen – und so Veränderungen in einem Flusssystem frühzeitig erkennen.
„Angesichts der anhaltenden Veränderungen des Ökosystems besteht ein Bedarf an einer besseren Überwachung der Biodiversität im Nil-Ökosystem“, sagt Prof. Michael Monaghan, der die Studie leitete und am IGB forscht. „Wir haben festgestellt, dass eDNA-basierte Methoden wichtige Informationen liefern, obwohl tropische Zooplanktonarten in DNA-Datenbanken bisher nur unzureichend vertreten sind. Aufgrund der hohen Sensitivität, Kosteneffizienz und Zeitersparnis kann das eDNA-Metabarcoding ein vielversprechender Ansatz sein, um ein Programm zur Überwachung der Biodiversität zu implementieren, das im Nil im Sudan bisher fehlt.“