
Bufo shaartusiensis ist eine Krötenart aus Shaartuz in Süd-Tadschikistan mit zwei Chromosomensätzen, also diploid, und wurde als mütterlicher Vorfahre von Kröten mit drei Chromosomensätzen identifiziert. (Foto: © Matthias Stöck)
Die meisten polyploiden Fische, Amphibien und Reptilien gehen auf das Verschmelzen des Erbgutes zweier genetisch getrennter Stammformen zurück: alle Chromosomen der Stammformen werden beibehalten und es entstehen Arten mit mehr als zwei Chromosomensätzen. So können sich innerhalb weniger Generationen neue Arten bilden, die Eigenschaften und Merkmale aufweisen, die beide Elternlinien überhaupt nicht besitzen (transgressive Merkmale). Die polyploide hybride Artbildung (Speziation) unterscheidet sich damit deutlich von der klassischen (u.a. der allopatrischen) Artbildung, die über sehr lange Zeiträume und zumeist über die räumliche Trennung von Populationen erfolgt. Beide Formen der Artbildung kommen bei Wechselkröten vor. In mehreren Gebieten Eurasiens treffen sich seit unterschiedlich langer Zeit getrennte Formen europäischer, diploider Wechselkrötenarten und paaren sich – allerdings ohne dadurch polyploide Kröten hervorzubringen. Einige asiatische Wechselkrötenarten hingegen haben Kröten mit drei oder vier Chromosomensätzen (Tri- oder Tetraploidie) hervorgebracht.
Die AutorInnen verglichen ihre Ergebnisse zur Evolution eurasischer Wechselkröten mit publizierten Daten polyploider Fische, Amphibien und Reptilien. „Voraussetzung für die erfolgreiche Evolution polyploider Wirbeltiere ist vermutlich eine möglichst große evolutionäre Divergenz der Vorfahren – also ein nur sehr geringer Verwandtschaftsgrad“, fasst Dr. Matthias Stöck, Evolutionsbiologe am IGB, die wichtigste Erkenntnis der Studie zusammen. Die genetische Untersuchung der heute vorkommenden Arten hat ergeben, dass nur die seit etwa sechs Millionen Jahren getrennten Formen zur Evolution polyploider Wechselkröten beigetragen haben. Die näher verwandten Linien haben lediglich Hybridkröten mit zwei Chromosomensätzen (Diploide) hervorgebracht.
Mehr Polyploidie seit der Eiszeit
Die WissenschaftlerInnen stellten zudem fest, dass die polyploiden Krötenformen vorwiegend seit Beginn der Eiszeit (vor etwa zwei Millionen Jahren) entstanden sind. Sie vermuten, dass sich die polyploiden Kröten dank der neuen Eigenschaften und Merkmale durch die „zusätzlichen“ Chromosomensätze in den extremeren Klimabedingungen besser behaupten und so auch neue ökologische Nischen besetzen konnten.
Lesen Sie die Studie in der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B.
Betto-Colliard C., Hofmann S., Sermier R., Perrin N. & Stöck M. (2018): Profound genetic divergence and asymmetric parental genome contributions as hallmarks of hybrid speciation in polyploid toads. Proceedings of the Royal Society B [DOI:10.1098/rspb.2017.2667].