
In ihrem Feedback weisen die Forscher insbesondere auf folgende Problemfelder hin:
- Viele Häfen liegen an oder in Ästuaren – diese sind besonders wichtige, aber auch sensible Lebensräume, was bei Ausbau und Unterhaltung europarechtskonform berücksichtigt werden muss.
- Häfen führen zu Lebensraumzerschneidung und Wanderhindernissen für migrierende Tierarten, insbesondere für Wanderfische. Neben physischen Barrieren durch Wasserbauwerke gibt es einen Senkeneffekt: Durch die vermehrte Ablagerung von Sand und Schlick, resultierende Überdüngung sowie Algen- und Bakterienblüten mit Sauerstoffzehrung entstehen Gewässerbereiche, die nicht mehr durchwanderbar sind.
- Parallel erzwingt der Senkeneffekt einen intensiven Unterhaltungsbedarf im Sedimentmanagement, z. B. kontinuierliches Abbaggern, Absaugen und Entsorgen von Feinsedimenten, wiederum verbunden mit daraus resultierenden Umweltbelastungen und hohen Kosten.
- Häfen führen zu erheblichen Schadstoffemissionen in Wasser, Böden und Luft z. B. durch Öl-, Treibstoff- und Ladungsverluste, kontaminiertes Ballastwasser, ansässige Industrie, aber auch Licht- und Lärmverschmutzung.
- Zunehmend kritisch, auch im Kontext des Klimawandels, sind Erwärmungseffekte durch stark gebremstes oder stehendes Wasser sowie durch metallische Spundwände, die sich infolge von Sonneneinstrahlung saisonal stark erhitzen.
- Erwärmung und Stauung führen zu stärkerer Verdunstung und sinkender Wasserverfügbarkeit.
- Häfen sind zentrale Einfallstore für invasive Arten, die z. B. durch Ballastwasser oder anhaftend auf Schiffsoberflächen in neue Verbreitungsgebiete gelangen und in Küsten- und Binnengewässern massive ökologische und ökonomische Schäden anrichten können.
Daher formulieren die Wissenschaftler folgende Empfehlungen für die EU-Hafenstrategie:
- Wichtig ist eine ökologische Aufwertung von bestehenden Hafengebieten (z. B. Habitatvielfalt für Winterlager und Aufwuchsgebiete aquatischer Lebewesen) sowie das Integrieren naturbasierter Lösungen bereits in der Entwurfs- und Planungsphase von Infrastrukturvorhaben.
- Für den Anschluss von Binnenhäfen als Zwischenverteiler des Warenumschlags sind bestehende Kanalsysteme als verlässliche Alternative zu Flussstrecken für den Transport vorzuziehen. Aber auch für diese gilt, dass sie nur bei belegtem Potenzial ausgebaut bzw. noch unterhalten werden sollten.
- Natürliche Flüsse sollten möglichst nicht weiter ausgebaut, sondern ökologisch entwickelt werden, weil sie in naturnaher Form deutlich mehr Ökosystemleistungen für Mensch und Natur erbringen, z. B. dem natürlichen Wasserrückhalt, dem Hochwasserschutz und der Gewinnung von Trinkwasser- und Fischereiressourcen dienen.
- Massive Investitionen in Infrastruktur, gerade im Hafen- und Wasserstraßenbereich, führen nicht automatisch zu erhöhter Nachfrage und wirtschaftlicher Wertschöpfung. Daher sollten Ausbau und Unterhaltung von Hafeninfrastrukturen immer auf Basis konkreter wirtschaftlicher Potenzial- bzw. sicherheitspolitischer Relevanzanalysen für den jeweiligen Standort erfolgen und nicht das Resultat einer zu pauschal investierenden Struktur- bzw. Kohäsionspolitik sein.
- Insbesondere bei Binnenhäfen und dem dazugehörigen Wasserstraßennetz muss bei Infrastrukturvorhaben und deren Unterhaltung das wirtschaftliche Potenzial kritisch geprüft werden. Sonst kann es zu massiven und teuren Eingriffen in die Ökosysteme kommen, die nicht durch übergeordnete und langfristige Interessen zu rechtfertigen sind – und so Natur, Volkswirtschaft und Mensch gleichermaßen schaden.